Slow Food – die Schnecke macht das Rennen

Kleine Schnecke © Olisplanet (flickr.com)
Kleine Schnecke © Olisplanet (flickr.com)

Eines der wichtigsten Themen für jemand, der sich für Italien interessiert, ist und bleibt wohl die Gastronomie, oder noch besser die Öno-Gastronomie, wie die Kombination von Essen und Weintrinken so schön genannt wird. In Apulien wird der Liebhaber köstlichen Essens und guter Weine auch ohne besondere Insider-Tipps problemlos auf seine Kosten kommen. Mit solchen Tipps allerdings können kulinarische Höhenflüge inszeniert werden, die den Vergleich mit dem restlichen Italien oder anderen Feinschmeckeroasen nicht scheuen müssen.

Das, was allgemein in Italien, und im Süden vielleicht noch besonders, ohnehin zur Esskultur gehört, das Genießen, das Sich-Zeit-Lassen, die Bevorzugung lokaler Erzeugnisse gegenüber ausländischen Produkten, kurz das Gegenteil von Fast-Food, hat einen Namen und eine Organisationsform gefunden, die sich den Erhalt dieser Traditionen und damit verbundenen Erzeugnisse zum Ziel gesetzt hat und sich logischerweise Slow-Food nennt. Hier ist ihre Geschichte:

Da also Italien die – zumindest aus italienischer Sicht, die aber weltweit von vielen geteilt wird (naja, vielleicht nicht von den Galliern…) – weltbeste Küche hat, ist es nur natürlich, dass genau hier eine Organisation entstand, die es sich zum Ziel gesetzt hat, die Werte und Traditionen der weltbesten Küche zu bewahren, zu schützen und zu zelebrieren.

Ganz im kompletten Gegensatz zu dem, was in der restlichen Welt passiert, nämlich der Drang, immer schneller immer einheitlichere Kost zu sich zu nehmen in der Form von Fast Food, wurde 1986 von Carlo Petrini in Paris (!!) die Anti-Bewegung Slow Food gegründet und mit dem Symbol der Schnecke versehen.

Langsames Essen…

… also, von Gerichten und Lebensmitteln die den regionalen Gegebenheiten, Jahreszeiten, Herstellungsweisen und Zubereitungsformen entsprechen. Mit Hauptsitz in Bra, Piemont, wuchs die Organisation auf mittlerweile 100.000 Mitglieder an, die sich nicht mehr nur auf Italien beschränken, sondern auch eigene Sitze in Deutschland, der Schweiz, den Vereinigten Staaten, Japan und Großbritannien gegründet haben und in insgesamt 130 Ländern aktiv sind.

Die Mission von Slow Food beschränkt sich nicht nur, durch Veranstaltungen und Kampagnen, auf eine allgemeine „Geschmackserziehung“, die die beste Verteidigung der Verbraucher gegen die Schweinereien der Lebensmittelindustrie ist und gleichzeitig die lokalen wirtschaftlichen Strukturen sowohl in der Produktion als auch in der Verarbeitung und Vermarktung lokaler Lebensmittel stärkt, und zwar mit möglichst geringem Einsatz von Energie, Schädlingsbekämpfungsmitteln, Düngern etc., sondern hat mittlerweile mehrere Tochter-Organisationen wie einen eigenen Verlag, einen Universitätsstudiengang, eine Eventorganisation, eine Stiftung für die weltweite Artenvielfalt, die internationale Stiftung „Terra Madre“ (Mutter Erde) mit dem Ziel, Lebensmittelhersteller nach Slow-Food-Kriterien weltweit zusammenzubringen und zu koordinieren, und nicht zuletzt eine „Banca del Vino“, eine Wein-Bank, die ein Archiv der besten Winzereiprodukte darstellt und die damit verbundene Kultur des italienischen Weines bekannt machen und verbreiten soll.

Wie man an der schnell wachsenden internationalen Bedeutung sehen kann, ist Slow Food dabei, die Szenerie von Lebensmittelproduktion, -verarbeitung und -vermarktung weltweit gehörig aufzumischen, was natürlich unter den Gesichtspunkten der Identitätschaffung bzw. -bewahrung  sehr wünschenswerte Effekte auf die lokalen und regionalen wirtschaftlichen Entwicklungsmöglichkeiten, nicht zuletzt im Tourismus, haben kann.

In ganz Italien gibt es derzeit 283 sogenannte „Condotte„, international werden sie „Convivium“ genannt, die Kurse, Verkostungen, Abendessen, Reisen usw. auf lokaler Ebene veranstalten. In Apulien (Webseite: www.slowfoodpuglia.it) sind derzeit 15 Condotte aktiv, das ist im Vergleich mit anderen Regionen wie Kampanien oder der Toskana nicht besonders viel, der Webauftritt ist noch etwas dürftig an Informationen und wird offensichtlich nicht regelmäßig aktualisiert, aber immerhin ist es ein Schritt in die richtige Richtung.

In der Regel können ürigens auch Nicht-Mitglieder die Veranstaltungen von Slow Food besuchen, der Unkostenbeitrag ist nur etwas höher als für Mitglieder.

Bild: Flickr Creative Commons Images: Olisplanet (angepasst)

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